Freitag, 16. Dezember 2011

Adam und Bruno: Sieg der Leistungsgesellschaft


»Guten Abend, Adam, …«

»Guten Abend? – Seit wann bist du denn so förmlich, Bruno?«

»Ich stelle mich bereits auf die Zukunft ein. Dann werden wir alle an der Spitze der sozialen Hierarchie stehen, und zwar gleichzeitig. Das muss sich selbstverständlich im Sprachgebrauch niederschlagen.«

»Wie kommst du denn darauf?«

»Du solltest vielleicht im Blog ›Kapitalismus oder Leistungsgesellschaft ‹den BeitragDie Leistungsgesellschaft wird kommen‹ lesen. Der Autor behauptet dort, der Kapitalismus sei zum Untergang verdammt.«

»Und wie kommt der Autor zu dieser mehr als optimistischen Aussage?«

»Findest du die Aussage optimistisch? Ich finde sie nur albern. Allein schon die Behauptung, alle wären dann an der Spitze der sozialen Hierarchie.«

»Das, mein lieber Bruno, hat er meines Wissens nie behauptet. Seiner Aussage nach könnten bei gleicher Leistung alle den Spitzenplatz erreichen, und zwar zur gleichen Zeit.«

»Wo und wann gibt es schon gleiche Leistung? Die Aussage über den Spitzenplatz ist also reine Bauernfängerei.«

»Ach Bruno, wenn einmal nicht alles genauso abläuft, wie du es dir vorgestellt hast, dann neigst du dazu, sofort alles zu verdammen. – Doch nun zurück zum Kapitalismus. Ihn gilt es zu vernichten, denn erst ohne ihn können wir an eine Besserung denken. – Wir hatten eine Schwachstelle des Kapitalismus gefunden.«

»Hilf mir doch noch einmal auf die Sprünge! Was war die Schwachstelle des Kapitalismus?«

»Es war und ist die Gier, Bruno, vor allem die Habgier und die Gier nach Ehre und Anerkennung, meistens Ehrgeiz genannt.«

»Nun weiß ich es wieder. Gier und Kapital, sie bedingen einander. Gibt es keine Gier, bricht der Kapitalismus zusammen.«

»Offensichtlich geht der Autor davon aus, dass die Gier beseitigt wird, und damit wären wir auch den Kapitalismus los.«

»Also gut, Adam, unterstellen wir einmal, die Gier werde beseitigt und der Kapitalismus als Folge davon ebenfalls. Was nicht verschwindet, ist der Bedarf an Darlehen. Wer sein Geld als Darlehen verleiht, möchte dabei einen kleinen Gewinn erzielen, was aber wiederum Gier ist. Gibt er das Geld, ohne Zinsen zu erwarten, dann frisst ihm die Inflation einen Teil seines Geldes.«

»Was sagt der Blog-Autor dazu? Wie löst er das Problem? Dass der Darlehensgeber für seine gute Tat nicht bestraft werden will, das verstehen wir wohl alle.«

»Der Autor greift zunächst auf ein Grundnahrungsmittel – wie zum Beispiel Kartoffeln – und deren Preis zurück. Das Darlehen dividiert er durch den Preis der Kartoffeln und erhält die Menge an theoretisch verliehenen Kartoffeln. Soll das Darlehen zurückgezahlt werden, ist die errechnete Menge an Grundnahrungsmitteln mit dem aktuellen Preis zu multiplizieren. Damit hat der Darlehensgeber keinen Inflationsverlust.«

»Er nutzt also die Entwicklung der Kaufkraft und verhindert so, dass der Darlehensgeber einen Inflationsverlust hat.«

»Allerdings hat er auch keinen Gewinn!«

»Das, lieber Bruno, war schließlich das Ziel: Niemand sollte mehr mit Geld weiteres Geld verdienen.«

»Denn das wäre wieder Gier. Und sie haben wir ja gerade erst abgeschafft, um auch den Kapitalismus loszuwerden.«

»Was schreibt der Autor denn noch so über den Kapitalismus?«

»Er vergleicht den Kapitalismus mit einem Auto.«

»Sollen etwa auch alle Autos abgeschafft werden?«

»Ach Adam, die Witzabteilung ist doch allein mir unterstellt. Bleiben wir also dabei: Du bist der ernsthafte Typ und ich der Spaßmacher.«

»Einverstanden, Bruno.«

»Der Kapitalismus wird von Gier bewegt, beide bedingen einander. Wie es jedoch einem Auto ergeht, das keinen Treibstoff erhält, so ergeht es dem Kapitalismus, den dauerhaft keine Gier mehr bewegt. – Folglich muss es das Bestreben des Menschen sein, die Gier zu überwinden.«

»Die Anzahl der starken Menschen nimmt zu, und der Kapitalismus wird bei uns besiegt. Ich glaube auch daran. – Was wird aus dem Fremden?«

»Nach dem Sieg über den Kapitalismus zieht sich der Fremde zurück.«

»Weshalb zieht er sich überhaupt zurück Bruno? – Weiß der Autor eine Antwort?«

»Zumindest hat er eine Vermutung: ›Täte er es nicht, würde man ihm wegen seines Charismas gewiss ein hohes Amt anbieten, vielleicht sogar das des Staatsoberhauptes.«

»Genau das wollte er aber nicht, wie ich annehme, denn er kam wohl nur, um zu helfen.«

»Das hat der Autor auch gemeint.«

»Wer der Fremde tatsächlich ist, bleibt den Menschen ein Geheimnis.«

Viele Grüße
Wolf-Gero

3 Kommentare:

  1. Hallo Wolf Gero, über den Fremden in Deinem Bericht, habe ich mir jetzt stundenlang den Kopf zerbrochen und mich gefragt, wer er ist. Ich habe ihm jetzt kurzerhand einen Namen gegeben und der lautet Gerechtigkeit. Alle sollten nach ihr rufen und sie als etwas erkennen, das den Zunamen Gleichwertigkeit trägt.

    LG
    Ursula

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  2. Hallo Ursula!
    Als Schreiberling kann man sich eigentlich nichts Besseres wünschen, als dass sich die Leser stundenlang den Kopf zerbrechen. Hier ging es mir vor allem darum, dass die Einigung nicht von einem bereits bekannten Menschen vollbracht wird, sondern von jemandem, den bisher noch niemand kennt. Ebenso sollte der Fremde nach vollbrachter Arbeit wieder untertauchen, denn die Versuchung wäre für ihn viel zu groß, eine Diktatur zu errichten und seine Macht zu missbrauchen. Dem Fremden die Namen Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit zu geben halte ich für eine hervorragende Idee, denn in der Praxis sind uns ja Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit tatsächlich Fremde.
    Liebe Grüße
    Wolf-Gero

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  3. Hallo, Wolf-Gero!
    Ich war wohl nicht wachsam genug, da ist ein interessanter Artikel von Dir mir entgangen. Vielen Dank für Deine bedenkenswerten Überlegungen.

    Herzliche Grüße
    Elke

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